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Artikel: Wunder, die in der Liebe verborgen sind (für das Engelmagazin)

Von Manfred Mohr

Sind wir mal ehrlich zu uns selbst, dann trägt doch ein jeder von uns eine riesengroße Sehnsucht nach Magie und Wundern in sich. Einerseits freut es unseren erwachsenen rationalen Verstand ganz ungeheuer, wenn er uns Zusammenhänge unseres täglichen Lebens wieder einmal so richtig schön erklären kann. Auf der anderen Seite begeistert sich jedoch unser eher kindlich geprägtes Feingefühl über all jene unerklärlichen Zufälle und Fügungen, die in unserem Leben immer wieder stattfinden und für die selbst unsere moderne Wissenschaft oft keine Erklärung parat hat. In uns schlagen beide Herzen. Welche gewinnt die Oberhand?

Das entscheidest du selbst, selbstverständlich, und das in jedem Moment aufs Neue. Jeder von uns steht wahrscheinlich ein Leben lang vor diesem klassischen Dilemma zwischen dem Kopf und dem Herzen. Welchem möchten wir folgen? Für mich als naturwissenschaftlich geprägten Menschen (ich habe in physikalischer Chemie promoviert) stellte sich diese Frage ganz besonders.

Da jedem von uns allzeit sowohl unser Verstand wie auch unser Gefühl zur Verfügung stehen, kann die Antwort für mich kein lapidares „entweder, oder“ sein. Viel lieber plädiere ich stattdessen für ein zwar salomonisches, dafür aber umso entschiedener vorgetragenes „sowohl, als auch“. Carl Gustav Jung, der sich wie wohl kaum ein Zweiter mit der Schnittstelle zwischen Bewusstem und Unbewusstem beschäftigt hat, hat in diesem Zusammenhang das starke und einprägsame Bild der „alchymischen Hochzeit“ geschaffen, die in unserem Inneren stattfindet. Unsere innere Frau, die er Anima nennt und die unseren fühlenden, empfindenden Aspekt darstellt, sollte als Ausdruck unserer inneren Entwicklung irgendwann unsern inneren Mann heiraten und liebevoll in die Arme schließen, den er Animus nennt und der unsere verstehenden, rationalen Aspekte repräsentiert. Beide zusammen machen uns aus, und um in unser oft noch brach liegendes und weitgehend ungenutztes Potential unserer Möglichkeiten finden zu können, sollten beide Hand in Hand den Bund fürs Leben schließen. Nur so ziehen sie an einem Strang und nur so können wir uns auch innerlich öffnen für das unerschöpfliche Füllhorn des Wunders unseres Lebens.

Diese Liebe zueinander, in der Anima und Animus zueinander finden und die ihnen erst ermöglicht, ihre scheinbaren Gegensätze vorteilhaft miteinander zu vereinigen, birgt für mich bereits den Schlüssel zu der Pforte, hinter der die Magie wohnt und wo Wunder stattfinden können. Die Magie der Liebe, die uns Menschen seit Anbeginn der Zeit als Mann und Frau zusammenführt, um in unseren Kindern neues Leben zu schaffen (was übrigens in sich schon ein Wunder ist), vermag es auch, die scheinbare Trennung zwischen Himmel und Erde, Sichtbarem und Unsichtbarem und Bewusstem und Unbewusstem zu überwinden. Die Liebe als höchste Kraft vermag es, jede Trennung zu überwinden und zusammen zu führen, was zusammen gehört. Und das auf jeder Ebene unserer Welt.

Bezogen auf unser tägliches Leben und auf Mann und Frau kann es uns im Vorgang der alchymischen Hochzeit gelingen, die innere Trennung von Anima und Animus in Liebe zu überwinden. Und, wie die Alchemisten unseres Mittelalters bereits wussten, nach dem hermetischen Prinzip „wie innen, so auch außen“ wird uns dies in der Folge dann ebenso gut bei den Menschen unserer Umwelt gelingen. Meister Eckhard sagte in diesem Zusammenhang darum sehr treffend:

„Wenn du dich nur auf die rechte Weise zu lieben verstehst, so verstehst du es auch, alle Menschen auf die rechte Weise zu lieben.“

Erinnere dich zurück an die Momente deiner ersten Liebe, wo du wirklich ganz und gar verliebt warst. Die Welt war rosarot, die Menschen lächelten dich an und deine Welt strahlte. Einfach, weil du selbst strahltest vor Glück und dieses innere Glück sich nach außen auswirkte. Wahrscheinlich prägte Buddha darum den Satz:

„Es gibt keinen Weg zum Glück. Glück ist der Weg“.

Denn das Glück, das wir verströmen, wenn wir in tiefer Liebe sind, durchbricht dann die scheinbare Grenze zwischen innerer und äußerer Welt und setzt sich in unsere Umwelt fort. Übrigens ist zwar landläufig bekannt, dass die Alchemisten wie Meister Eckhard danach trachteten, Gold zu machen. Damit ist aber nicht die herkömmliche Goldsuche etwa nach Nuggets gemeint. Viel mehr suchten die Mystiker nach dem „Gold der Seele“, dass den Menschen strahlen lässt vor Liebe und Glück und dessen Ziel auch die von Carl Gustav Jung beschriebene Hochzeit von Anima und Animus darstellt. Menschen, die dieses Gold der Seele in sich entdeckt haben, strahlen nach außen derartig stark, dass auch andere dies oftmals wahrnehmen können. Der Heiligenschein, den wir von kirchlichen Darstellungen her kennen, rührt daher und die Wunder, die diesen Heiligen zugesprochen werden, haben ihren Ursprung in der allumfassenden Liebe, die diese Menschen in ihrem inneren Prozess erreicht haben. Diese Liebe umfasst sie selbst, die anderen Menschen wie auch die Schöpfung und die ganze Welt. Ihre Liebe vermag es dann sogar, die Tore des Himmels zu öffnen.

Nun aber, nach diesem kleinen Ausflug in die Alchemie, wieder zurück in unsere Gegenwart. Was bedeutet dies für uns, für dich und mich, hier und heute? Jeder von uns kann in seiner eigenen inneren Goldmine graben, sich in Selbstliebe üben und dabei nach seiner ihm eigenen Facon Anima und Animus zusammen führen. So, wie Mutter Teresa sagte, nicht jeder von uns kann große Dinge vollbringen, aber wir alle können kleine Dinge mit ganz viel Liebe tun. Im neuen Jahrtausend, in dem wir seit bald zwei Jahrzehnten leben, wird uns der hohe Stellenwert der Liebe immer bewusster. Sie lässt uns Menschen immer enger zusammenwachsen und macht uns machen, wir alle sind gleichermaßen Bewohner dieses einen Planeten und können unsere Probleme darum nur gemeinschaftlich lösen.

Diese neue Qualität der Zeit betrifft auch auf das Wünschen. Eine Bestellung beim Universum bekommt viel mehr Kraft, wenn ich sie gleich für viele andere Menschen abschicke. Denn wir spüren unseren Zusammenhalt immer deutlicher, und wie soll es mir, in meinem Gefühl, denn auch wirklich gut gehen, wenn es dem anderen an meiner Seite nicht genauso gut geht. Die Liebe in uns möchte sich erleben, sie will zum anderen Menschen fließen und dabei auch andere glücklich machen. Der passende Begriff dafür ist leider fast vergessen: das Segnen. Beim Segnen lasse ich meine Liebe oder meinen Wunsch zum anderen fließen. Das Segnen ist darum heute für mich zum neuen Bestellen beim Universum geworden. Um die Wunder in unser Leben immer mehr einzuladen.