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Stell dich deinem Schatten (Artikel für die Zeitschrift Vita)

Von Manfred Mohr

Als ich gerade über diesen Artikel hier sinniere und was ich zum Thema Schatten schreiben soll, fällt mir ein Gespräch mit einem Seminarteilnehmer ein, der mich vor ein paar Jahren fragte, wie er denn endlich sein Lebensthema und die Ursache seiner Probleme finden könne. Ich erinnere mich noch sehr gut an diesen Moment, denn ich musste spontan lachen, als mir diese Antwort dazu einfiel: „Sei ohne Sorge, dein Lebensthema nicht finden zu können, denn es findet sicherlich dich!“

Vielen von uns geht es sicherlich ähnlich wie diesem Mann. Da zerbrechen wir uns den Kopf über unsere Probleme und wie wir ihrer Herr werden können und versäumen dabei, ganz in Gedanken versunken, völlig den aktuellen Augenblick. Wir brauchen jedoch nicht erst in unserem Hinterstübchen nach etwas zu suchen, was immer da ist und was uns in jedem Augenblick umgibt. Unsere Themen und Herausforderungen sind immer hier, wie eine Schar kleiner Kinder tollen sie in unserem Umfeld ständig herum. Es scheint mir sogar manchmal so, als würde dieses ewige „sich-den-Kopf-zerbrechen“ nur eine Ablenkung sein, eine Art Elfenbeinturm von Wissen, der uns regelrecht davon abhält, uns ganz ins hier und jetzt zu begeben und uns praktisch einfach mit dem auseinanderzusetzen, was gerade da ist. Rumi, der große persische Dichter, kannte diesen Vorgang offenbar selbst sehr gut und hat ihn in eine Analogie gefasst:

Ich habe am Rande des Wahnsinns gelebt, nach Gründen suchend, an die Tür klopfend. Sie öffnet sich. Ich habe von innen geklopft.

Oft lösen sich Probleme auf ganz einfache Weise auf, wenn wir umdenken. Wenn wir aufhören, mit ihnen zu hadern und gegen sie zu kämpfen. Wenn wir innerlich bereit sind, neue Wege zu gehen und zuzulassen. Wir erkennen dann oft im Nachhinein, so wie Rumi beschreibt, wir waren im Irrtum. Wir hatten uns verrannt. Unser Problem ist nicht gegen uns. Es möchte uns etwas zeigen, etwas bewusster machen. Und – jetzt kommen wir zum Thema Schatten – es hat vielleicht am Ende sogar etwas mit mir zu tun. Mit meinem ungeliebten Schatten.

Das erkennen wir schon daran, das Wörtchen „Problem“ stammt ursprünglich aus dem Griechischen und bedeutet übersetzt in etwa: „eine Herausforderung, an der ich wachsen kann und soll.“ Das Universum schickt uns somit keine Scherereien und Schwierigkeiten, weil es uns Böses will. Nein, ganz im Gegenteil, der Kosmos ist ganz auf unserer Seite und möchte uns seine Wirkprinzipien verdeutlichen. Eckhard Tolle hat es einmal sehr wundervoll in dieser Weise ausgedrückt:

„Wir sind nicht im Universum, wir sind das Universum, ein wichtiger Teil davon. Wir sind nicht nur eine Person, sondern eine Schnittstelle, eine Anlaufstelle, an der das Universum sich seiner selbst bewusst wird.“

In den öffentlichen Medien teile ich in diesem Zusammenhang immer wieder gern einen kleinen Comic, den ich hier kurz beschreiben möchte: Ein junger Mann steht mit der Aktentasche im Regen und wartet auf den Bus. Wir sehen seine Gedanken in einer Blase erscheinen: „Blöder Regen, blöder Job, blöder Chef, alles blöd.“ Ein Engel kommt angeflogen und notiert diese Gedanken akribisch auf seinem Block und denkt dann selbst: „Komisch, dieser Mensch wünscht sich immer das Gleiche, Na, er muss es ja wissen!“
Derjenige, der sich mit dieser „Schnittstelle“ zwischen Mensch und Universum am treffendsten beschäftigt hat, ist für mich der Psychoanalytiker Carl Gustav Jung. Von ihm stammt der Ausspruch:

„Schattenseiten, die ich ablehne, werden mein Schicksal.“

Eins ist sicher, vor unserem Schatten davonlaufen können wir nicht. Geh doch dazu einmal versuchsweise hinaus in die Sonne und laufe vor ihm weg. Dein Schatten haftet an dir, wohin du auch gehst. Er begleitet dich, fordert dich heraus, bis du ihn schließlich in dein Herz nehmen kannst und mit ihm verschmilzt. Dann wird er ein Teil von dir, und folgt und hindert dich darum nicht mehr. Du wirst von ihm befreit, weil du ihn akzeptiert hast. Die Liebe in unserem Herzen vermag es, unseren Schatten aufzulösen und damit alle Probleme, die damit zusammenhängen können. Jung hat sehr richtig erkannt, dass es vor allem unsere Ablehnung ist, unser ständiger Kampf gegen die Umstände, der uns schicksalhaft mit unseren Schattenseiten verbindet und so erst immer aufs Neue Probleme erzeugt.

Die gute Nachricht lautet aber zum Glück: Es gibt eine Lösung. Wenn wir uns bewusster werden, wenn wir dann unseren Schatten liebevoller annehmen und ihm begegnen können, löst er sich auf und begegnet uns nicht mehr in unserer Umgebung. Der Dalai Lama sagt zu diesem Zusammenhang:

Jede schwierige Situation, die du jetzt meisterst, bleibt dir in Zukunft erspart.

Unser Schatten bleibt nur solange ein Problem, wie wir ihn bekämpfen. Im verbissenen Kampf geben wir dabei Energie in etwas, das wir doch im Grunde gar nicht wollen, und halten es so erst am Leben. Aber das Leben mit seinen Herausforderungen zeigt uns mit himmlischer Liebe immer wieder neue Möglichkeiten, uns selbst besser kennenzulernen und so über uns selbst hinauszuwachsen. Die sicherlich ältesten Methoden dazu sind die Astrologie und die Numerologie. Jedes Sternzeichen verfügt dabei über bestimmte Stärken und Schwächen, und, um nochmals den Aspekt des Schattens mit ins Spiel zu bringen, gerade dort, wo ein Licht besonders stark scheint, da ist natürlicherweise auch dessen Schatten besonders ausgeprägt und spürbar. Wie der Volksmund es sagt, Genie und Wahnsinn liegen oft sehr nahe beieinander, und kommen offenbar nicht ohne einander aus.

Dass man eine eigene Schwäche überwunden hat, merkt man häufig ganz einfach daran, wie herzhaft man plötzlich darüber lachen kann. Für mich ist Astrologie wie auch Numerologie zu einem netten Instrument geworden, humorvoll auf die mannigfaltigen Charakterausprägungen des kosmischen Füllhorns blicken zu können. Denn genau dort, wo ich über mich und andere lachen kann, ist die Tür zur Akzeptanz meiner eigenen Macken und Fehler sperrangelweit geöffnet.

Stellen wir uns darum zum Abschluss vor, es ist Sommer, und die Sternzeichen liegen in Italien am Strand. Was tun sie dann wohl typischerweise? Listen wir sie doch einmal der Reihe nach auf:

Der Widder fängt einen Streit mit seinem Strandnachbarn an, weil der ihm in der Sonne steht.
Dabei isst der Stier seine dritte Portion vom selbstgemachten Kartoffelsalat mit Ei.
Der Zwilling redet lautstark am Handy mit seiner besten Freundin und der ganze Strand hört mit.
Der Krebs späht überall am Strand nach der Liebe dieses Sommers.
Der Löwe spielt mit einem Ball, zeigt dabei seinen gut gebauten Körper und heischt nach Bewunderung.
Nebenan legt die Jungfrau sicherheitshalber die fünfte Schicht Sonnencreme auf.
Die Waage widmet sich intensiv dem Bräunungsvorgang und ist vollauf beschäftigt damit, schön zu sein.
Der Skorpion sucht fieberhaft nach einer Möglichkeit, irgendwo Sex zu haben, aber dazu ist es hier einfach zu voll.
Der Schütze schwimmt ganz allein aufs Meer hinaus, soweit, dass niemand ihn mehr sehen kann.
Der emsige Steinbock hat seinen Metalldetektor dabei, um Münzen am Strand zu suchen.
Der Wassermann trägt einen sehr ausgefallenen Badeanzug und sammelt Unterschriften für seine Bürgerinitiative.
Der Fisch ist bereits ein wenig eingeschlummert und träumt davon, ganz woanders zu sein.

(Dieser Artikel bezieht sich auf das eben erschiene Buch „Deine Zahlen, deine Sterne – sich selbst erkennen, andere verstehen“, in dem eine neuartige und sehr einfache Charakterkunde vorgestellt wird, die Astrologie mit Numerogie verbindet und viele prominente Beispiele enthält.