Artikel für das Magazin „Lebens(t)räume: Die Liebe, die wir verschenken, wird uns selbst zuteil
Die Liebe, die wir verschenken, wird uns selbst zuteil
Von Manfred Mohr
Das Jahr 2017 steht unter dem Zeichen der Sonne. Astrologisch entspricht die Sonne unserem Herzen, was naheliegt, denn so wie das Zentralgestirn am Himmel versorgt uns auch unser Herz ununterbrochen mit Energie und Kraft, aus unserer körperlichen Mitte heraus. So, wie die Sonne ihre wärmenden Strahlen vorbehaltlos auf alle Menschen scheinen lässt, ohne sie zu werten und zu unterscheiden, so gelingt es auch uns, aus unserem Herzen liebevolle Wärme an unsere Umwelt zu verschenken.
Diese Herzenswärme kennen wir beispielsweise als Mitgefühl, Empathie, Güte und Barmherzigkeit. Oder, um es ganz einfach zu sagen: als Liebe. Und diese Liebe hat eine sehr starke Wirkung auf uns. Wieder gibt es eine schöne Analogie zur Sonne. Wie unsere Sonne alles auf unserer Erde erst richtig wachsen und gedeihen lässt, so schenkt uns auch die Liebe im Herzen Freude, Begeisterung und Glück. Denk doch einmal an die Zeit deiner ersten Liebe zurück. Nie war das Leben lebenswerter, du hättest die ganze Welt umarmen können!
Offenbar gibt es einen wunderbaren Zusammenhang zwischen Liebe und Glück, den wir alle kennen. Wenn wir lieben, sind wir glücklich! Clemens von Brentano sagt dies mit den Worten:
Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken und dabei selbst reich zu werden.
Die Sonne der Liebe in unserem Herzen scheint für andere, aber wirkt auch auf uns selbst. Um uns darum reich und wertvoll fühlen zu können, ist die Kultivierung von Liebe und Herzöffnung ein Meisterweg. Den Wert, den wir durch unsere Liebe dem anderen Menschen schenken, erfahren wir auch sehr stark selbst. Wenn wir lieben, können wir eine sehr große Verbundenheit mit dem geliebten Menschen erleben, ja darüber hinaus sogar mit der ganzen Welt. Die kleinen Probleme unseres Alltags verblassen dahinter.
Diese Verbundenheit, die uns unser offenes, liebendes Herz schenken kann, kann sich auch und besonders durch das Beten in uns einstellen. Mutter Teresa, die erst vor wenigen Monaten heiliggesprochen wurde, war der Meinung, dass wir alle viel mehr beten sollten. Für sie hatten praktisch alle Probleme in der Welt ganz einfach damit zu tun, dass wir das Gebet schlichtweg verlernt haben. Wer nach sich selbst sucht und den Sinn des Lebens finden möchte, aber nicht weiß, wo er damit beginnen soll, dem empfahl sie, es einmal mit dem Beten zu versuchen. Ein Gebet kann somit zwei Funktionen erfüllen: Die Liebe im Herzen, die wir dabei verspüren, schenkt uns Selbstwert. Und die damit einhergehende Verbundenheit mit allem, was ist, kann uns sehr dabei helfen, zu uns selbst zu finden.
Wer den Sinn des Lebens sucht, sollte es einmal mit dem Beten versuchen. (Mutter Teresa)
Auch die moderne Glücksforschung kann diese Aufforderung nur unterstützen. Sie hat herausgefunden, dass Menschen, die sich als glücklich bezeichnen, vielfach an einen höheren, übergeordneten Sinn im Leben glauben. Dieser Glaube muss nicht notwendigerweise einen religiösen Hintergrund aufweisen – aber umgekehrt ist ein religiöser Hintergrund sicherlich auch nicht schädlich.
Vom Benediktinermönch Johannes von Kastl ist die Aussage überliefert:
Liebe ist der Weg Gottes zu den Menschen und der Weg der Menschen zu Gott.
So, wie uns die Liebe zu einem geliebten Partner leiten kann, so möchte sie uns sogar noch weiter führen, zu einer grundlegenden Akzeptanz dem Leben gegenüber. Liebe kann unsere Verbindung zum Universum immer weiter intensivieren, bis schließlich auch Gott zum Thema wird. Wer den Weg der Liebe geht, wird dabei früher oder später auch in eine Beziehung zu seinem Gott treten. Beten ist der Weg, den wir Menschen seit alters her zu diesem Zweck beschritten haben.
Um zu beten, sollten wir eine Kapelle in unserem Herzen einrichten. Das Herz ist der Ort in unserem Körper, wo wir mit unserer Liebe ganz verbunden sein können. Denn die Kraft, die beim Beten vor allem wirkt, ist eben diese Liebe. Wenn wir beim Gebet andere Menschen mit einschließen, lassen wir die Liebe unserer Herzen wirken. Beten in dieser Form ist darum nichts anderes als lieben. Gerade die Menschen, die uns nahestehen und die wir lieben, schließen wir in unser Gebet mit ein.
Beten heißt nicht viel reden, sondern viel lieben. (Thérèse von Lisieux)
Beim Gebet versenke ich mich so tief in mein Herz, dass ich den Raum der Liebe betreten kann, der mir dort jederzeit offensteht. Beim Gebet wirkt dieser Raum der Liebe durch mich. Ich lasse die Liebe dort fließen in dem Sinne, wie mein Herz und mein Gebet es möchten. Ich stelle mich in den Dienst der Liebe und gebe sie frei, dort zu wirken, wo sie es für richtig hält.
Solch ein Gebet wirkt umso besser, wenn ich auch mit der Quelle dieser Liebe innig verbunden bin. Und dieser Ursprung, aus dem die Liebe und damit alles, was existiert, entsprungen ist, ist die Schöpfung selbst. Diese Schöpfung ist Liebe und wirkt durch Liebe. Durch diese Liebe möchte Gott sich erfahren und entdecken. Und erkennen, was er alles auch noch ist, in unerschöpflicher Art und Weise.
Wichtig ist jedoch: Dort, wo ich ablehne und nicht akzeptieren kann, falle ich aus der Liebe. Je mehr ich mich selbst, die Welt und die Menschen darin ablehne und verdamme, umso mehr verdamme ich mich selbst, denn ich entferne mich so nur noch weiter vom Zustand der Liebe. Den Wert, den ich mir und dem geliebten Menschen beim Lieben geben kann, wandle ich durch meine Ablehnung in Unwert. Ich grenze mich durch meine Ablehnungen aus, von der Liebe und von Gott. Es ist von daher nicht weiter verwunderlich, dass ich in diesem Zustand unglücklich bin und nach Glück suche. Ich zweifle dann an mir und der Welt. Das Glück wäre zu finden in der Liebe und damit in der Verbundenheit mit allem, was ist: mit mir selbst, mit anderen Menschen und auch mit Gott.
Dabei ist Liebe eine bewusste Entscheidung von mir. Ich öffne mein Herz durch meinen freien Willen dazu. Liebe ist genau darum kein Dauerzustand, der sich automatisch einstellt. So, wie ich eine Blume gieße, sollte ich auch meine Liebe bewusst verschenken, in die Beziehungen, die mir wertvoll sind. Etwa die zu meinem Partner, meiner Partnerin. Auch meine Beziehung zu Gott bedarf der Pflege. Ein Gebet ist eine Art Beziehungspflege zu meinem Gott.
Wenn ich alle Menschen liebe, liebe ich alle Teile meiner selbst. Der Schatten im anderen, das, was ich an ihm ablehne, ist mein eigener Schatten. Solange ich andere Menschen ablehne, lehne ich mich selbst ab. Um ganz zu werden, und um mich selbst zu finden, lerne ich darum doch ganz einfach, zu lieben. Liebe geht über den Schatten des anderen hinweg und führt dann zu mir selbst. Wenn ich alles am anderen angenommen habe, nehme ich mich selbst an. In dem Moment, wo ich dazu in der Lage bin, ist alles gut: der andere Mensch, ich selbst und mein Universum.
Was auch immer wir in unserem Leben gemacht haben und noch machen werden, es geht doch letztlich nur darum, mit wie viel Liebe wir es tun. Mutter Teresa hat unermüdlich immer wieder auf die Bedeutung der Liebe hingewiesen. So war sie der Meinung, dass wir nicht alle dazu in der Lage sind, große Dinge in dieser Welt zu vollbringen. Aber wir alle können kleine Dinge tun, und das mit ganz viel Liebe.
Dein Licht ist das Herz aller Herzen
Dein Licht ist das Herz aller Herzen
die Quelle des Herzens bist du
entzündest dort tausende Kerzen
entzündest dein Licht immerzu.
So lang hab ich dich übersehen
so lang hab ich dich nicht gekannt
nun kann ich kaum gehn und auch stehen
bin nun unentwegt übermannt.
Und auch jeden Mensch kann ich spüren
denn du bist in jedem Gesicht
und jedwedes Herz willst du führen
entfaltest auch dort stets dein Licht.
Ich kann dich im Du erst erkennen
wenn du mich das Schauen gelehrt
der Schmerz lässt in mir nur verbrennen
was mir deine Nähe verwehrt.
So lass mich im Feuer verwandeln
um Alles als dich anzusehn
und in deinem Sinne zu handeln
und mit deinen Schritten zu gehn.
Dieser Artikel enthält Auszüge aus dem neuen Buch von Manfred Mohr „Gebete ans Universum“. www.manfredmohr.de