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Vom Glück der Liebe

(Für das Magazin Vita- Einfach Leben)
Was ist das Geheimnis von Glück? Diese Frage habe ich mir, wie sicher viele der Leser, Zeit meines Lebens gestellt. Wann bin ich glücklich? Aus heutiger Sicht würde ich sagen: „Dann, wenn ich liebe. Dann bin ich besonders glücklich.“

Um eine Antwort zu finden, habe ich mich zurück erinnert an die Zeiten meiner ersten großen Liebe. Noch nie war der Himmel blauer, noch nie war die Welt schöner. Erinnere dich selbst einmal daran zurück, wie deine Zeit der ersten Liebe war. Ich hätte die ganze Welt umarmen können. Die Liebe strömte einfach nur aus mir heraus. Das Leben war wunderbar.

Später suchte ich dann eine Erklärung für dieses Liebesglück, und ich fand sie bei Meister Eckhart, dem großen Mystiker unsere Mittelalters: „Alle Liebe dieser Welt ist auf Eigenliebe gebaut.“ Liebe zum anderen Menschen, zur Natur und sicher auch zu Gott hat also etwas mit der Liebe zu mir selbst zu tun. Das hat sehr viele Konsequenzen.

Im einfachsten Fall, bei der Liebe zu einem Partner, kann ich vor allem dann wirklich lieben, wenn ich selbst gelernt habe, mich selbst anzunehmen, wie ich bin. Denn Liebe bedeutet für mich Annahme. Wenn ich mich für meine Macken, meine Fehler, meine Schrullen nicht mehr kritisiere, sondern annehme, dann beginne ich damit, mich selbst zu lieben. Und, wie in einem Spiegelbild, dann werde ich auch die Fehler meines Partners immer besser tolerieren und annehmen können. Denn die Selbstliebe, die ich mir entgegenbringe, spiegelt sich dann auch in der Liebe zu meinem Partner.

Selbstliebe ist eine Art Keimzelle, aus der dann auch die Liebe zum Partner erwachsen kann. Beim Moment der ersten Liebe entsteht das große Glück dann einfach daraus, dass jeder der beiden Partner diesen Keim der Selbstliebe in sich selbst immer wieder gießt, indem er den anderen liebt. So wird dann schnell ein großes Pflänzchen daraus. Es ist eine Rückkopplung, wenn ich liebe, dann liebe ich immer auch mich selbst, gleichzeitig. Es geht einfach gar nicht anders. Oder, wie Clemens von Brentano so treffend sagte: „Die Liebe allein versteht das Geheimnis, andere zu beschenken, und dabei selbst reich zu werden.“ Je mehr ich liebe, desto mehr bekomme ich die Gaben der Liebe dann selbst geschenkt. Sie fließen immer zu mir selbst zurück. Und das macht dann mich selbst ganz nebenbei auch glücklich.

Warum endet dann dieses Glück? Wir alle kennen dieses Phänomen, nach Wochen oder Monaten verrinnt dieser zunächst ewig erscheinende Strom von Glück, der uns trägt und erfüllt. Was dreht den Hahn ab, und lässt uns von dieser rosaroten Wolke purzeln? Irgendwann, mein perfektes Bild des Partners bekommt Risse. Und, vielleicht beginnt dann auch mein Partner, an mir selbst herum zu kritisieren. Meist verläuft dies gleichzeitig, und unbemerkt. Ich fühle mich nicht mehr angenommen, und es gelingt mir nicht mehr, den anderen so blauäugig zu betrachten, wie es mir früher gelungen war. Die scheinbare Verschmelzung, die durch die Liebe entstanden war, bricht. Wir tun uns weh, wir streiten, und wir fallen aus der Liebe.

Das muss aber nicht sein. Ich kann erkennen, jeder Fehler beim anderen ist nur ein Spiegel des Fehlers bei mir selbst. Wenn ich den anderen dann trotzdem lieben kann, dann liebe ich ihn ganz, mit allen Fehlern, mit allen Mängeln. Und wenn ich so den anderen annehmen kann, wie er ist, dann gelingt es mir auch, mich selbst anzunehmen. Das ist mein Geheimnis vom Glück. Probier es aus!
Manfred Mohr